Stuhlgang

Die Aula des Schulzentrum Werreanger soll neu bestuhlt werden. Das ist im Grunde nichts Verwerfliches, man könnte sogar fragen, weshalb in den 34 Jahren, die die aktuellen Stühle dort bereits stehen, noch niemand früher auf die Idee gekommen ist. Meine Grundhaltung zu dieser Entscheidung ist also schon mal positiv, zumal ich mich da auch auf der ein oder anderen Ratsversammlung rumtreibe. Gut gesessen habe ich auf den alten, blauen Stühlen bisher immer gut, bin aber auch gerne bereit zu sagen, dass etwas Neues der Aula sicherlich gut tun würde.

Worum es mir aber geht, sind die Kosten dieser Unternehmung.

Fachbereichsleiter Klaus Landrock sagte jüngst in der Ratsitzung, in der die – wohlgemerkt: ausserplanmäßige – Anschaffung beschlossen wurde, dass mit Kosten von 200,- bis 250,- Euro pro Stuhl zu rechnen sei.

Das läuft auf Gesamtkosten (nur für die Bestuhlung) von 140.000,- Euro hinaus. Das wären 560 bis 700 Stühle (da hat einer aber ziemlich grob geschätzt). Zusätzliche Kosten in Höhe von 90.000,- Euro werden noch für weitere Umbaumaßnahmen (was auch immer sich dahinter verstecken wird) erwartet.

Bald gehe ich auch in die Politik … über Gelder entscheiden, die nicht die eigenen sind, scheint ganz einfach von der Hand zu gehen.

Alleine der Ansatz „200 bis 250 Euro pro Stuhl“ lässt schon tief blicken. Wenn man schon so etwas im Rat vorstellt, warum dann nicht gleich mit konkreteren Zahlen. Wieviele Stühle in die Aula passen sollen, müsste doch bekannt sein. Und einen Preis dafür sollte man auch recht zweifelsfrei nennen können. Wenn ich irgendwo 600 Stühle bestelle, dann habe ich sicherlich auch die Möglichkeit, einen Preis in Erfahrung zu bringen, der auch gehalten werden kann – selbst wenn es dafür wahrscheinlich erst noch ein europaweites Ausschreibungsverfahren geben muss.

Mich würde mal interessieren, was passiert, wenn ich als Privatperson zu einer Möbelfirma gehe und sage „Ich hätte gerne 600 Stühle für meinen privaten Saal. Wie viel werden die kosten?“ … und am nächsten Tag geht ein Kumpel zur selben Firma und sagt „Ich hätte gern 600 Stühle für unsere öffentliche Schul-Aula. Die Stadt wird bezahlen. Wie viel werden die kosten?“.

Und weshalb überhaupt ausserplanmäßig? Wäre es in Zeiten des knappen Geldes nicht auch noch ein oder zwei Jahre mit den alten Stühlen gegangen? So desolat kommen die mir nämlich auch nicht vor. Die Aussage von Herrn Landrock

Jeder zweite Stuhl ist defekt.

kann ich nicht so ganz nachvollziehen. Es sei denn, die defekte Hälfte der Stühle steht immer hinter dem Vorhang auf der Bühne, wenn ich mal in der Aula bin.

140.000,- Euro sind bei knapper Kasse schon eine Hausnummer, die mal so eben vom Rat durchgewinkt werden. Wenn ich auf der nächsten Ratsitzung als Zuschauer nicht in einem Ledersessel mit Becherhalter und Massagefunktion sitze, dann weiß ich nicht, wo die ganze Kohle hin ist.

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